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Nicht mit dem Feuer spielen

Am Thema Brandschutz kann man sich leicht die Finger verbrennen. Hier gilt es keine Kompromisse einzugehen. Erfahren Sie, wie jede Modifikation von Brandschutztüren mit dem Systemgeber abgestimmt werden muss, um Sicherheit und Konformität zu gewährleisten.

Brandschutztüren bringen fixe Anforderungen mit sich. Der Handlungsspielraum ist klein, doch bei der Produktion stehen dem Schreiner unterschiedliche Wege offen. Ist die Türenproduktion nicht sein Steckenpferd, so steht es ihm frei, schlicht und einfach eine geprüfte Tür zu bestellen und diese zu montieren. Will er einen Teil der Wertschöpfung im Betrieb halten, so kann er den Rohling bei einem Türenproduzenten bestellen und die Tür nach dessen Vorgaben fertigen. Um den Weg der Wertschöpfung konsequent zu Ende zu gehen und auch den Rohling im eigenen Betrieb zu produzieren, hat er die Möglichkeit, einen Lizenzvertrag abzuschliessen, so etwa beim VSSM. Dabei profitiert er als Produzent von den bestehenden Konstruktionsplänen und dem Leistungsbeschrieb. Wichtig ist, dass die Brandschutztür am Ende alle Vorschriften erfüllt und dies auch klar deklariert ist. Dazu ist laut Artikel 15 der Brandschutznorm der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) an beweglichen Bauteilen ein leicht erkennbarer dauerhafter Hinweis anzubringen. Auf bandseitig im Rahmen- oder Türfalz platzierten Plaketten müssen VKF-Zulassungsnummer, Zulassungsinhaber und, wenn es sich um ein Lizenzprodukt des VSSM handelt, die Seriennummer ersichtlich sein.

Veränderungen sind heikel

Doch wie sieht es aus, wenn Türen nachträglich modifiziert werden? «Bei geprüften Elementen gilt generell der Grundsatz: ‹Wie geprüft, so eingebaut›», sagt Pierre Scheidegger, Fachexperte beim VSSM. «Für alles, was geändert wird und die Spielregeln aus der EN 1643 übersteigt, muss ein Nachweis geführt werden», führt er weiter aus. So ist es etwa verboten, den Aufbau des Türrohlings zu verändern. «Türflügel aus anderen Zulassungen sind auch dann nicht erlaubt, wenn sie theoretisch besser sind», betont Scheidegger.

Zulässig sind Anstriche und brennbare Beläge bis zu einer Dicke von 1,5 mm. Wird diese Dicke überschritten, ist eine Nachprüfung obligatorisch. Auch das Aufleimen von Blechen, ob als Aufdoppelung oder zwischen den HDF-Schichten, ist nur mit Prüfnachweis erlaubt. Eine Modifikation des Türrohlings mit Blechen (Bilder rechts) ist problematisch, weil sich Blech im Brandfall stark ausdehnt, während sich Holz durch das Austrocknen der dem Brand ausgesetzten Fläche und das Weichen des Wassers auf die kühlere Seite zusammenzieht.

Geprüfte Abmessungen gelten als Minimum. Unter Berücksichtigung weiterer Regeln dürfen Türflügeldicke und -gewicht um 25 % überschritten werden.

Beim Lichtmass gelten folgende Regeln: Hat das Element die Prüfungsdauer erfüllt, bei einer EI30-Tür also beispielsweise 30 bis 36 Minuten, so darf das geprüfte Lichtmass in Breite und Höhe nicht überschritten werden. Hat das Element die Prüfungs- dauer übertroffen, so darf dieses in der Breite und der Höhe um 15 % überschritten werden, in der Fläche jedoch maximal um 25 %.

Vorsicht beim Wechsel von Beschlägen

Feste Regeln gelten auch bei Beschlägen und Montagematerialien: Zulässig sind nur jene, die vom Systemgeber freigegeben sind. Problemlos möglich sind in der Regel Schlösser aus derselben Familie. Beschläge anderer Hersteller sind jedoch heikel.

«Es lohnt sich in jedem Fall, Kontakt aufzunehmen mit dem Systemgeber», sagt Scheidegger. Allenfalls habe dieser die Beschlägedaten unterschiedlicher Hersteller mit dem Prüfinstitut abgeglichen.

Bei geringfügigen Abweichungen reiche eine Stellungnahme vom Prüfinstitut aus, um die Modifikation «auf dem kalten Weg», wie es Scheidegger ausdrückt, gewähren zu können.

Bei Änderungen gegenüber der Prüfanordnung gelten folgende Punkte:

  • Keine Verringerung der Anzahl Bänder.

  • Keine Verringerung der Anzahl Verriegelungspunkte.

  • Keine Austauschbarkeit bei den Dämm- schichtbildnern, da diese intumes- zierenden Bänder unterschiedliche Ausdehnungsverhalten und Blähdrücke aufweisen.

  • Kein Austausch der Montagematerialien.

  • Wenn Rahmen in der Prüfanordnung durch die Dichtungsnut angeschraubt wurden, so dürfen sie auch durch den gesamten Rahmen verschraubt werden – aber nicht umgekehrt!

Die Sache mit dem Materialverlust

Heikel ist insbesondere auch das Nachrüsten von elektronischen Komponenten. Oft werden Bestandestüren mit elektronischen Zutrittsberechtigungen nachgerüstet. Dazu werden Kabel im oder auf dem Türflügel zum Schloss geführt. Der Materialverlust, insbesondere beim Bohren durch den Türflügel, führt nicht selten zu einer unzulässigen Schwächung der Tür. Ausserdem müssen elektronisch abgesicherte Türen der Norm für elektrisch abgesicherte Fluchttüranlagen für Türen in Fluchtwegen SN EN 13637 entsprechen. Daher ist bei Nachrüstungen die Zusammenarbeit mit dem Systemhalter zwingend.

Das Problem des Materialverlusts zeigt sich oft auch beim Einbau von einbruchhemmenden Stangenschlössern. Denn um die Stangen einbauen zu können, werden Längs- und Querbohrungen vorgenommen, die den Türflügel beträchtlich schwächen können. Dies ist je nach Dicke der Tür nicht nur unzulässig, sondern wirkt sich am Ende selbst für den Einbruchschutz negativ aus.

Die Haftung im Auge behalten

Ein nachträglicher Einbau von Elektrotüröffnern ist dann zulässig, wenn im Türsystem der Nachweis geführt wird. Die Türöffner müssen fachgerecht und sauber eingesetzt sein. «Oft werden sie jedoch irgendwie in die Zarge gebastelt, und nach der Einführung des erforderlichen Kabels wird alles offen belassen», sagt Scheidegger. Er erinnert sich an einen Fall, in dem ein Schreiner Brandschutztüren mit Seiten- und Oberteilen für ein Seniorenheim eingebaut hatte. Weil die Kräfte der nicht im System vorgesehenen Türschliesser die Bewohner des Heims überforderten, wurde nachträglich ein Elektrotüröffner eingebaut. «Da die Türkonstruktion nicht für die entstehenden Kräfte des Antriebs ausgelegt war, begannen die Bänder bald zu wackeln, und die Türflügel senkten sich», berichtet der Experte und mahnt, dass eine solche Tür der europäischen Maschinenrichtlinie unterliegt und der Schreiner im Schadenfall, nach dem Hauseigentümer, für Personenschäden haften würde und dies unabhängig der Schuldfrage.

Der Kardinalfehler

Und dann gibt es im Bereich der Beschläge noch diesen einen Kardinalfehler: den Einbau von Lüftungsgittern in Brandschutztüren. «Das ist der absolute Blödsinn», sagt Scheidegger. «Sinn einer Brandschutztür ist, dass sie im geschlossenen Zustand die Rauchausbreitung eindämmen soll.»

Zwar gebe es Brandschutzgitter, die im Brandfall zuverlässig verschliessen, aber die Kaltrauchausbreitung sei unzulässig. Deshalb seien die Gitter von keinem einzigen Türenhersteller in einer Tür geprüft worden. Die Lösung der Zu- und Abluft darf nicht über die Tür erfolgen.

Der Architekt muss zwingend eine technische Lösung mit dem Lüftungsfachplaner erarbeiten.

Glas ist nicht gleich Glas

Muss in einer Brandschutztür nachträglich ein Glas eingebaut werden, ist dies nur dann möglich, wenn der Systemhalter auch eine Verglasung in dieser Tür geprüft hat. Der Schreiner kann in diesem Fall die Einbaudetails anfordern und das Brandschutzglas gemäss den Vorgaben bestellen. Wichtig ist dabei, dass weder die maximale Glaskantenlänge noch die Fläche überschritten und die Friesbreiten des verbleibenden Türflügels nicht unterschritten werden. Nach Einbau des Glases muss das Kennzeichnungsschild der Tür ausgetauscht werden, sodass die VKF-Nummern von Türen mit oder ohne Glas voneinander abweichen.

So weit zur Nachrüstung von Brandschutzgläsern, doch wie sieht es mit deren Austauschbarkeit aus? Brandschutzgläser bestehen in den meisten Fällen aus mehreren aufeinander geklebten Floatgläsern. Die dazwischen liegenden Kunststofffolien dienen als Wärmetransformationsschichten, welche im Brandfall gestaffelt aufschäumen und eine isolierende Schicht bilden. Um diese Schichten wird von den Herstellern ein grosses Geheimnis gemacht. Daher ist die produkteübergreifende Austauschbarkeit der Brandschutzgläser nicht erlaubt. Es gibt aber auch andere Glasaufbauten, wie beispielsweise jene von Vetrotech. Dieses ist vergleichbar mit einem Isolierverglasungselement, in dem, anstelle von Argon, ein spezielles Gel eingebracht wird. Unabhängig vom Produkt muss vor dem Einbau des Glases geprüft werden, ob der Produktestempel in einer Ecke vorhanden ist. Denn sonst wird das Glas nicht als Brandschutzglas akzeptiert.

Experten sorgen für Klarheit

Die Frage ist nicht nur, was passiert, wenn Türen modifiziert werden, sondern auch, wann dies verlangt ist. Nicht geprüfte Türelemente im Bestand beispielsweise werden von der Brandschutzbehörde oft solange toleriert, bis etwas daran geändert werden muss. Bei Unsicherheiten lohnt es sich, einen Experten beizuziehen, dieser kann die Tür mit fehlendem Kennzeichnungsschild vor Ort beurteilen und eine fachtechnische Stellungnahme für die Brandschutzbehörde erstellen.

Grundsätzlich gilt: Der Brandschutz ist ein heisses Pflaster, und wer sich nicht daran verbrennen will, tut gut daran, in engem Austausch mit dem Systemgeber zu stehen und bei ungeklärten Fragen auch mal einen Experten beizuziehen.

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